Glasfaserausbau Heilbronn: Wenn Konkurrenz die Wirtschaftlichkeit torpediert
Deutsche GigaNetz über „strategische Manöver“ im Netzausbau
Auf Basis des Rahmenkooperationsvertrages aus 2021, zwischen der Wirtschaftsregion Heilbronn-Franken GmbH und der Deutschen GigaNetz GmbH sowie dem daraufhin geschlossenen Kooperationsvertrag der Stadt Heilbronn und dem Telekommunikationsanbieter im Frühjahr 2022, startete Mitte Juni 2022 die gemeinsame Unternehmung ‚flächendeckender Glasfaserausbau für Heilbronn‘. Damit rückte das Glasfaser-Internet in greifbare Nähe für die gesamte Region Heilbronn-Franken, denn die Deutsche GigaNetz befindet sich in vielen Nachbarkommunen schon in der Ausbauphase. Bereits im Juli 2022 fiel in den Ortsteilen Neckargartach, Klingenberg, Böckingen und Frankenbach der Startschuss für die Nachfragebündelung. Kirchhausen und Biberach sowie Horkheim und Sontheim zogen kurz darauf mit der erforderlichen Interessensbekundung nach. Anfang 2023 folgte dann die Vorvermarktung im Stadtzentrum Heilbronn. So wurden die Vermarktung und der Ausbau von Anfang an bewusst in unterschiedliche Gebiete eingeteilt, um diese – nach erfolgreicher Nachfragebündelung – kurzfristig in die Bauphase zu überführen und so den ganzheitlichen Ausbau in zusammenhängenden Gebieten zu realisieren. Basis für diesen vollständig eigenwirtschaftlichen Ausbau der Deutschen GigaNetz bildet die Abschlussquote der Haushalte von mindestens 35 Prozent – je Einzelstadtteil und in Summe über ganz Heilbronn.
Gesamtausbau statt “Rosinenpicken”
Das generelle Ziel sollte klar sein: Ganz Deutschland und damit auch die gesamte Region Heilbronn-Franken soll mit Glasfaser ausgebaut werden, verzahnt mit der Nutzung bereits gebauter Infrastruktur, damit keine Versorgungslücken entstehen. Der Ausbau von ländlichen Regionen oder städtischen Randlagen wie zum Beispiel Heilbronn Biberach, Kirchhausen oder Klingenberg ist dabei tendenziell durch höhere Baukosten pro Hausanschluss geprägt und somit kostenintensiver als die Netzerschließung in Ballungsgebieten. Denn pro ausgebautem Trassenkilometer können im Stadtgebiet deutlich mehr Haushalte angeschlossen werden, was die Rentabilität eines Gesamtprojektes enorm steigert und teilweise auch erst möglich macht. Genau aus diesem Grund sind dichter besiedelte Gebiete – wie die Heilbronner Kernstadt – besonders attraktiv für ausbauende Telekommunikationsanbieter und werden von einigen Anbietern daher ausschließlich fokussiert. In solchen Fällen steht kein flächendeckender Ausbau für eine faire digitale Teilhabe aller Bürgerinnen und Bürger im Fokus, sondern die reine Ertragsoptimierung bei in Kauf genommener Teilversorgung. „Das Resultat aus solch einem Vorgehen ist, dass nicht berücksichtigte Gebiete sich nachträglich zuallermeist nicht mehr wirtschaftlich mit einem Glasfaserausbau erschließen lassen. Damit entsteht langfristig eine Zweiklassengesellschaft bei der digitalen Teilhabe innerhalb der Kommunen. Anstelle eines ”Rosinenpickens” bildet die Deutsche GigaNetz hingegen sinnvolle, größere zusammenhängende Gebiete, um möglichst alle mit Glasfaser-Internet zu versorgen und gefürchtete Flickenteppiche zu vermeiden“, betont Wolfram Thielen, Mitgründer und Geschäftsführer Roll Out Management der Deutschen GigaNetz.
Situation Heilbronn: Wirtschaftlichkeit ade?
Westlich vom Neckar ist die Deutsche GigaNetz in der Stadt Heilbronn bereits in der Bauphase, so dass in Biberach, Kirchhausen, Frankenbach und Klingenberg täglich entscheidende Kilometer in Richtung Glasfaser-Internet gemacht werden. Im Sommer 2023 soll der Ausbau in den ersten Stadtteilen beendet und alle Kundinnen und Kunden ‚ans Licht‘ gebracht werden. In Neckargartach, Böckingen, Horkheim und Sontheim läuft die Nachfragebündelung aktuell noch bis zum 25. Juli 2023, um die erforderliche Quote von 35 Prozent zu erreichen. „Mit derzeit rund 27 Prozent sind wir auf einem guten Weg, auch diese Gebiete bis zum Stichtag ins Ziel zu bekommen, sodass im Spätsommer auch hier die Bauphase beginnen kann”, ist Wolfram Thielen zuversichtlich.
In der Kernstadt Heilbronn zeigt sich hingegen ein anderes Bild. Hier starteten aufgrund der Attraktivität des Zentrums – viele Anschlüsse auf engem Raum – Wettbewerbsaktivitäten eines weiteren Telekommunikationsanbieters. Und das Ganze trotz längst geschlossener Kooperationsvereinbarung der Stadt mit der Deutschen GigaNetz. Hinzu kommt, dass die teilweise bestehende Infrastruktur in der Kernstadt, wie beispielsweise Leerrohre des lokalen Energieversorgers, ausschließlich dem neuen Anbieter zugänglich gemacht wird, nicht aber der Deutschen GigaNetz. Dieses Vorgehen entspricht nicht der Idee von „Open Access“ – also dem freien Zugang aller Wettbewerber zu einem bestehenden Netz. Maßnahmen, die weder fair noch im Sinne der Allgemeinheit sind. Das ist ganz klar Rosinenpickerei, die die Wirtschaftlichkeit des flächendeckenden Ausbaus zu Nichte macht. Denn es braucht zur Finanzierung von aufwendig zu erschließenden Gebieten, den Ausbau von rentablen“, mahnt Thielen die Aktivitäten des neuen Wettbewerbes deutlich an.
Die Situation in der Stadt Heilbronn ist keine Ausnahme, denn die Kritik an diesem Marktvorgehen besteht seit geraumer Zeit deutschlandweit und wird auch bei den Industrie-Verbänden wie ANGA, Breko, Buglas und VATM sowie dem Verband “Kommunaler Unternehmen” (VKU) immer wieder thematisiert: “Strategische Manöver in rentablen Regionen, um die Pläne der Wettbewerber auszubremsen“. Ein Vorgehen, das ebenfalls entgegen der Gigabitstrategie 2030 steht, die klar von der Bundesregierung formuliert wurde: Bis 2030 sollen alle Haushalte in Deutschland flächendeckend mit Glasfaseranschlüssen versorgt sein. Der Übergang von Kupfer- auf Glasfasernetze soll dabei „zügig, wettbewerbskonform und verbraucherfreundlich gestaltet werden. Rosinenpickerei sowie Überbau bereits bestehender oder geplanter Glasfasernetze in ausschließlich rentablen Gebieten gefährden dieses übergeordnete Ziel.
“Wir stehen zu unserer Zusage, einen flächendeckenden Ausbau in der Stadt Heilbronn und in den umliegenden Gemeinden anzustreben. Allerdings bedeutet ein Rosinenpicken eines anderen Anbieters – wie in der Stadt Heilbronn – nicht nur eine Verunsicherung innerhalb der Bevölkerung und damit eine schwierige Vermarktungssituation, sondern beeinflusst ebenso die Gesamtrentabilität unseres Projektes und somit die Ausbauentscheidungen von potenziell unrentablen Gebieten im Gesamtprojekt”, fasst Wolfram Thielen die Lage zusammen.